“Rosenheim-Cops”-Star Karin Thaler: “Die Zeit ist endlich”
Karin Thaler (Marie Hofer) saß in ihrem lichtdurchfluteten Garten in München. Ein perfekt manikürter Busch, der ihr fast bis zur Schulter reichte, warf einen Schatten über die Tischplatte. Sie hielt eine Tasse Kräutertee in der Hand und schaute auf die Überschrift, die ihre eigene Aussage so prägnant zusammenfasste: „Rosenheim-Cops“-Star Karin Thaler: „Die Zeit ist endlich“.
Das Wort „endlich“ schwebte in der warmen Voralpenluft, es klang in ihrem eigenen Kopf wie eine heimliche Befreiung. Sie, die seit den Anfängen die Rolle der bürgermeisterlichen Schwester und Hotelbesitzerin Marie Hofer verkörperte, war die zweite Säule, die wankte. Nach Marisas (Michi Mohr) spektakulärem Abgang – dem „Sprung ins Ungewisse“, wie die Presse es nannte – konzentrierten sich nun alle Augen auf sie.
„Ich bin so müde, mein Schatz“, sagte sie leise, nicht zu jemand Bestimmtem, sondern zu dem Kräutertee.
Die Rolle der Marie war zu einer zweiten Haut geworden, bequem, aber auch einschränkend. Sie war die charmante, manchmal leicht überforderte, aber stets liebenswerte Lüneburger Quartiermeisterin der Cops. Aber Karin spürte, wie die Kreativität in ihr verkümmerte.

Plötzlich spürte sie die Anwesenheit eines Mannes. Sie hob den Blick. Es war Max Müller, der Darsteller des Polizeiobermeisters Michi Mohr – nein, entschuldigung, natürlich des Polizeiobermeisters Gerti Achtziger. Er stand am Ende der Terrasse, sein Gesichtsausdruck war eine Mischung aus betroffenem Mitgefühl und purem Entsetzen.
„Karin, was soll das?“, fragte Gerti, seine Stimme war entsetzt. „Zuerst die Marisa. Jetzt du? Was ist los mit euch? Ist die Luft in Rosenheim plötzlich toxisch geworden?“
Karin lächelte traurig. „Nein, Gerti. Die Luft in Rosenheim ist so rein wie immer. Das ist ja das Problem. Sie ist zu rein. Sie ist zu gleichbleibend.“
Gerti, dessen Figur als die ewige Seele des Kommissariats galt, war tief betroffen. „Aber wir sind eine Familie, Karin! Eine eingeschworene Gemeinschaft! Wir sind die Kontinuität, die die Zuschauer wollen! Du weißt, wie wichtig die Marie für das Hofer-Bruder-Gefüge ist!“
„Das weiß ich“, erwiderte Karin und stellte die Tasse ab. „Aber was, wenn die Ewigkeit anfängt, sich wie ein Gefängnis anzufühlen? Max, ich liebe Marie, wirklich. Aber ich habe das Gefühl, ich bin auf einem perfekten, aber stehenden Karussell. Ich drehe mich, aber ich komme nirgendwo an.“
Gerti trat näher, seine Augen flehend. „Redest du über das neue Angebot? Dieses… dieses Dokumentationsprojekt über historische Frauen im Widerstand?“
„Genau das“, sagte Karin. „Eine Figur, die wirklich kämpfen musste. Die Risiken eingegangen ist. Die gefallen ist und wieder aufgestanden. Das ist Stoff, der brennt, Max. Nicht nur ein gemütliches ‚Es war Mord, Herr Kommissar‘ beim Mittagessen.“
Gerti zuckte zusammen. „Aber das ist doch, was wir sind! Wir sind der Trost! Die Zuschauer schalten uns ein, um sich sicher zu fühlen! Du und Marisa, ihr nehmt den Leuten ihre Sicherheit!“
„Und wir nehmen uns unsere Entwicklung“, konterte Karin bestimmt. „Marisa hat es gewagt. Und weißt du was? Ich habe sie letzte Woche angerufen. Sie ist glücklich. Sie spielt Ibsen in Hamburg und sie ist am Limit. Und sie lebt!“
Gerti schüttelte den Kopf, fast schon wütend. „Das ist alles Hollywood-Quatsch, Karin! Das ist ein Midlife-Crisis-Traum! Die Realität ist: Die feste Bank. Der Vertrag. Das Gehalt. Wir sind Schauspieler, nicht Weltretter!“
„Vielleicht sollte ich etwas dazwischen sein“, sagte Karin und stand auf. „Die Zeit, Max, sie ist endlich. Und ich habe nur noch eine begrenzte Zeit, um zu sehen, was ich sonst noch sein kann, außer Marie Hofer. Ich habe Angst, dass ich in zehn Jahren zurückblicke und denke: Ich hätte es tun sollen.“
Sie ging zu einem Regal mit alten Theaterstücken und nahm ein vergilbtes Skript heraus. „Die Zeit läuft, Max. Und sie wartet auf niemanden.“
Gerti sah sie an, sein Blick war nun nicht mehr wütend, sondern von einer schmerzlichen Akzeptanz geprägt. Die Konstante war gebrochen. Die Gemütlichkeit Rosenheims drohte, in sich zusammenzufallen.
„Und was… was soll ich den Produzenten sagen?“, fragte Gerti, fast flehend.
Karin drehte sich um, ihr Gesicht war nun von einem kühnen, entschlossenen Licht erhellt.
„Sag ihnen“, sagte Karin Thaler. „Sag ihnen, dass Marie Hofer eine neue Rolle angenommen hat. Eine, die kein bayerischer Bulle lösen kann.