In Rosenheim steht die feierliche Verleihung des Preises „Spitze Feder“ für exzellenten Musikjournalismus an. Preisträgerin ist die bekannte, scharfzüngige Kritikerin Erika Hessler.
# In Rosenheim steht die feierliche Verleihung des Preises „Spitze Feder“ für exzellenten Musikjournalismus an. Preisträgerin ist die bekannte, scharfzüngige Kritikerin Erika Hessler.
Rosenheim, die malerische Stadt vor der Alpenkulisse, stand kurz davor, im Glanz einer besonderen kulturellen Auszeichnung zu erstrahlen. Die Verleihung des renommierten Preises „Spitze Feder“ für exzellenten Musikjournalismus hatte nicht nur die bayerische Kunstszene in Aufruhr versetzt, sondern auch die lokale Prominenz im altehrwürdigen Hotel „Mariandl“ versammelt. Als Preisträgerin wurde keine Geringere als Erika Hessler gefeiert – eine Ikone ihres Fachs, deren messerscharfe Analysen und schonungslose Kritiken Karrieren beflügelten oder im Nu beendeten. Ihr Name war Programm, ihre Feder tatsächlich „spitz“, und ihre Anwesenheit garantierte, dass dieser Abend alles andere als gewöhnlich werden würde. Doch niemand, nicht einmal die erfahrensten Beamten des Kommissariats, konnte ahnen, welch dunkle Schatten sich über die festliche Atmosphäre legen würden.
Die Vorbereitungen liefen auf Hochtouren. Frau Stockl, stets bestens informiert über das gesellschaftliche Parkett Rosenheims, hatte bereits eine detaillierte Gästeliste im Kopf und konnte es kaum erwarten, ihre Eindrücke am nächsten Morgen mit Herrn Hofer und Herrn Bach beim Kaffee zu teilen. Selbst Controllerin Achtziger hatte, ausnahmsweise, die Buchhaltung kurz beiseitegelegt, um dem kulturellen Großereignis beizuwohnen – nicht ohne eine kritische Notiz zur Höhe der Ausgaben auf den Lippen. Im Vorfeld waren Gerüchte über Hesslers provokante Dankesrede und die Anwesenheit einiger Musiker, die von ihrer Kritik hart getroffen wurden, im Umlauf. Das schuf eine prickelnde Spannung, eine Erwartungshaltung, dass Erika Hessler, wie immer, die Gemüter erregen würde.
Der Moment der Verleihung war gekommen. Im prachtvollen Festsaal des Mariandls hallten die warmen Worte des Laudators, Professor Dr. Hubertus Schönberg, Vorsitzender der Preisjury und ein alter Weggefährte Hesslers, wider. Er zeichnete ein Bild der brillanten Geistesschärfe, des unbestechlichen Urteilsvermögens, aber auch der tiefen Leidenschaft für die Musik, die Erika Hessler auszeichnete. Hessler selbst, eine imposante Erscheinung in einem eleganten dunkelroten Abendkleid, empfing die Auszeichnung mit einem Lächeln, das sowohl Stolz als auch eine Spur ihrer berüchtigten Ironie verriet. Ihre Rede war, wie erwartet, pointiert, geistreich und ließ kein Blatt vor den Mund. Sie sprach über die Integrität des Journalismus, die Verantwortung der Kritik und die Abgründe der Musikindustrie. Doch kurz nach ihrem triumphalen Auftritt, als der Saal in angeregtem Gemurmel und dem Klirren von Champagnergläsern versank, nahm das Schicksal eine tragische Wendung.

Der Jubel verstummte abrupt, als Professor Schönberg, der Hessler gerade noch so eloquent gewürdigt hatte, leblos in einem unauffälligen Seitenflur gefunden wurde. Ein Schock durchfuhr die festliche Gesellschaft. Der Preis der „Spitzen Feder“ wurde schlagartig zum Symbol eines schockierenden Verbrechens. Die sofort herbeigerufenen Rosenheim-Cops, Kommissar Korbinian Hofer und Kommissar Christian Bach, fanden sich inmitten einer Szene wieder, die gleichermaßen von Glamour und Entsetzen gezeichnet war. Pathologe Dr. Lauser-König stellte schnell fest: Professor Schönberg war durch einen gezielten Schlag auf den Hinterkopf ermordet worden – kaltblütig, professionell und ohne Zeugen.
Die Ermittlungen begannen unter Hochdruck. Miriam Stockl, deren gesellschaftliches Gespür in solchen Momenten unbezahlbar war, lieferte erste Informationen über die Anwesenden und die feinen Risse im scheinbar makellosen Gefüge der Musikelite. „Ach, Herr Hofer!“, entfuhr es ihr, „Wer hätte gedacht, dass hinter so viel Glanz solche Abgründe lauern?“ Michael Mohr, stets mit wachen Augen unterwegs, hatte in der Nähe des Tatortes eine seltsame Beobachtung gemacht: Ein Mann, der sich auffällig schnell entfernte und dem er kein Gesicht zuordnen konnte.
Die erste, naheliegende Verdächtige war Erika Hessler selbst. Ihre scharfzüngige Art hatte ihr unzählige Feinde eingebracht, und ihre Beziehung zu Schönberg, obwohl nach außen hin professionell, war von einer komplexen Geschichte geprägt. Hofer und Bach erfuhren schnell, dass Schönberg und Hessler nicht nur alte Studienfreunde waren, sondern auch eine heftige, unerfüllte Romanze in ihrer Jugend verband. Ein Motiv? Eifersucht? Eine alte Rechnung, die beglichen werden sollte? Erika Hessler reagierte auf die Fragen der Kommissare mit gewohnter Härte, doch hinter ihrer eisigen Fassade schien ein tief sitzender Schmerz zu lauern. „Sie glauben doch nicht wirklich, dass ich Hubertus etwas antun würde?“, zischte sie, ihre Augen voller Wut und einer kaum verhohlenen Verletzlichkeit.
Doch die Ermittlungen deckten weitere, weitverzweigte Beziehungen und Feindschaften auf. Da war zum einen Leo Baumann, ein aufstrebender junger Komponist, dessen Karriere durch eine vernichtende Hessler-Kritik fast beendet worden war. Baumann war anwesend und hatte Schönberg, der ihn einst gefördert hatte, um Fürsprache bei Hessler gebeten. Hat Baumann aus Rache gehandelt, um Schönberg für dessen mangelnde Unterstützung oder gar Hessler für ihre Kritik zu bestrafen? Sein Alibi war wackelig, seine Nervosität offensichtlich.
Zum anderen geriet Sonja Kaiser ins Visier, eine ehrgeizige Musikmanagerin, die mit Schönberg um die Ausschreibung eines millionenschweren Kulturprojekts konkurrierte. Schönberg hatte ihr kurz vor seinem Tod offenbar wichtige Informationen vorenthalten. War es ein Kampf um Macht und Geld, der in einem Mord gipfelte? Frau Kaiser präsentierte sich kühl und berechnend, doch ihre Antworten wirkten einstudiert und ließen Raum für Zweifel.
Je tiefer Hofer und Bach gruben, desto mehr zeigte sich, dass der scheinbar so integre Professor Schönberg selbst Schattenseiten hatte. Es kamen Gerüchte über seine Verwicklung in undurchsichtige Finanzgeschäfte innerhalb der Preisjury auf. Der Verdacht, dass er sich an den Preisgeldern bereichert haben könnte, oder dass seine Auswahl der Preisträger nicht immer allein nach künstlerischen Kriterien erfolgte, verdichtete sich. Erika Hesslers kritische Rede hatte diese Missstände unterschwellig adressiert, ohne jedoch konkrete Namen zu nennen. Hatte Schönberg Angst, dass Hessler mehr wusste, als sie zugeben wollte, und hatte er deswegen versucht, sie mundtot zu machen – oder war er selbst einem Komplott zum Opfer gefallen, um seine Enthüllungen zu verhindern?
Die emotionale Spannung stieg ins Unermessliche. Erika Hessler, die zunächst als Hauptverdächtige galt, entwickelte sich zu einer widerwilligen Verbündeten der Ermittler. Sie begann, eigene Beobachtungen einzubringen, ihr Wissen über die Abgründe der Musikwelt zu teilen und sogar ihre eigene schmerzhafte Vergangenheit mit Schönberg zu offenbaren. Ihre Fassade bröckelte, zeigte einen Menschen, der unter der Last ihrer eigenen hohen Ansprüche und der Einsamkeit, die ihre berufliche Integrität mit sich brachte, litt. Ihr Schmerz über den Verlust Schönbergs, den sie trotz allem eine komplizierte Zuneigung entgegenbrachte, war greifbar.
Eine entscheidende Wende nahmen die Ermittlungen, als Dr. Lauser-König eine winzige Faserspur an Schönbergs Kleidung analysierte. Sie stammte von einem seltenen, handgefertigten Schal, der von einem exklusiven Rosenheimer Designer gefertigt wurde. Michi Mohr erinnerte sich daraufhin an ein Gespräch mit Frau Grasegger im Café. Sie hatte sich über die „Geschmacklosigkeit“ eines solchen Schals an einem Herren beklagt und eine genaue Beschreibung geliefert. Dieser Schal gehörte jedoch nicht einem der bisherigen Verdächtigen, sondern der unscheinbaren Sekretärin des Preis-Komitees, Frau Dr. Isolde Winter.
Frau Winter, eine zurückhaltende Frau, die stets im Schatten Schönbergs agierte, hatte keinerlei offensichtliches Motiv. Doch unter dem Kreuzverhör von Bach und Hofer, deren Fragen unerbittlich die Oberfläche kratzten, brach sie schließlich zusammen. Es stellte sich heraus, dass Professor Schönberg sie seit Jahren emotional und beruflich manipuliert hatte. Er hatte nicht nur ihre Ideen gestohlen und als seine eigenen ausgegeben, sondern sie auch in die undurchsichtigen Finanzgeschäfte verwickelt, von denen die Cops gehört hatten. Die Verleihung der „Spitzen Feder“ an Erika Hessler war für Winter der Tropfen, der das Fass zum Überlaufen brachte. Schönberg hatte nämlich in seiner Laudatio auch subtil ihre eigenen jahrelangen Beiträge zur Preisverleihung heruntergespielt und stattdessen Hessler als die wahre „Visionärin“ gefeiert, die er einst selbst geformt hatte. In einem Moment der tiefsten Demütigung und Verzweiflung, als Schönberg ihr im Seitenflur die Anerkennung für ihre Arbeit ein weiteres Mal verweigerte und sie abfällig behandelte, griff sie im Affekt zu einem bereitliegenden Preissockel und schlug zu. Sie wollte ihn nicht töten, nur zum Schweigen bringen, doch der Schlag war tödlich.
Der Mord an Professor Schönberg war somit das tragische Ergebnis einer toxischen Beziehung und einer tief sitzenden Ungerechtigkeit, die sich über Jahre aufgebaut hatte. Die „Spitze Feder“, eigentlich ein Symbol der Anerkennung, wurde zum Mahnmal für die dunklen Seiten der Kunstwelt und menschlicher Beziehungen. Erika Hessler, die das Kommissariat nach der Aufklärung des Falles mit einem nachdenklichen Ausdruck verließ, hatte durch diese Ereignisse nicht nur einen alten Bekannten verloren, sondern auch eine Facette ihrer eigenen Persönlichkeit enthüllt – eine, die jenseits ihrer scharfen Kritik auch Empathie und Verletzlichkeit zeigte.
Der Preis wurde posthum an Erika Hessler übergeben, aber die Feierlichkeiten waren für immer von der Tragödie überschattet. Rosenheim, das so stolz auf seinen kulturellen Glanz war, musste einmal mehr feststellen, dass selbst hinter den schillerndsten Fassaden menschliche Abgründe lauern können. Die Rosenheim-Cops aber, allen voran Hofer und Bach, hatten wieder einmal bewiesen, dass sie Licht in die dunkelsten Ecken bringen können, während Frau Stockl schon die nächste Veranstaltung im Blick hatte, nicht ohne ein warnendes „Passen Sie auf, Herr Hofer!“ auf den Lippen. Und so kehrte, trotz der dramatischen Ereignisse, eine Art Normalität in die idyllische bayerische Stadt zurück – bis zum nächsten Fall, der hinter der nächsten Postkarte lauerte.